OLG Schleswig




Unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Schleswig
(Stand: 1. 7. 2001)


A. Anrechenbares Einkommen

I. Allgemeines

1. Ausgangspunkt

Bruttoeinkommen abzüglich Steuern und notwendiger Vorsorgeaufwendungen (Sozialversicherungsbeiträge bzw. an deren Stelle tretender freiwilliger Versicherungen), Steuererstattungen bzw. -nachzahlungen werden in dem Jahr berücksichtigt, in dem sie tatsächlich geleistet sind.

2. Zum Bruttoeinkommen zählen grundsätzlich Einkünfte jeglicher Art unter Einschluß von Sachbezügen (Ausnahmen unter Nr.4). Einmalige Zuwendungen (Weihnachts- und Urlaubsgeld; Tantiemen und Gewinnbeteiligungen usw.) werden grundsätzlich auf das Jahr umgelegt.

3. Die vermögenswirksame Leistung des Arbeitgebers und die Arbeitnehmer-Sparzulage gehören nicht zum Einkommen (a. A. 5. FamS); der vermögenswirksam gesparte Betrag mindert nicht das anrechenbare Einkommen.

4.a) Bestimmte Einkünfte können aus besonderen Gründen des Einzelfalls anrechnungsfrei bleiben, insbesondere Erwerbseinkünfte aus überobligationsmäßiger Arbeitsleistung (z.B. Überstunden in außergewöhnlichem, nicht typischen Umfang).

Für Einkünfte aus einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten gilt § 1577 II BGB.

b) Soweit zweckbezogene Zuwendungen des Arbeitgebers ein entsprechender besonderer Bedarf gegenübersteht, zählen sie nicht zum Einkommen (z.B. Kleidergeld, Fahrtkostenpauschale usw.)

5. Der Zahlung von Spesen und Auslösungen stehen vielfach ersparte häusliche Aufwendungen gegenüber. Die Ersparnis wird in der Regel mit einem Drittel dieser Beträge bewertet und insoweit dem Einkommen hinzugerechnet.

6. Kindergeld zählt grundsätzlich nicht zum Einkommen, auch nicht im Mangelfall (BGH, FamRZ 1997, 806ff.). Der Kinderzuschuß zur Rente gilt in Höhe des verdrängten Kindergeldes (§ 8 BKGG) als Kindergeld, darüber hinaus als Einkommen.

7. Wohngeld zählt (nur) zum Einkommen, soweit es nicht - aus der Sicht des Unterhaltsrechts - erhöhte Wohnkosten abdeckt. Letzteres ist wegen des insoweit strengeren Maßstabs des Wohngeldgesetzes überwiegend der Fall.

8. Arbeitslosen- und Sozialhilfe sind wegen ihrer subsidiären Natur im Verhältnis zum Unterhaltspflichtigen regelmäßig kein Einkommen.

9. Fiktives Einkommen

Im Unterhaltsrecht ist jegliche Einkommensquelle, insbesondere auch die eigene Erwerbsfähigkeit, in zumutbarem Umfang zu nutzen. Soweit dies aus unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Gründen nicht geschieht, ist dem Betreffenden das erzielbare Einkommen fiktiv zuzurechnen.

Begibt sich jemand einer Einkommensquelle, insbesondere seines Arbeitsplatzes, aus unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Gründe, so ist ihm das Einkommen nur soweit fiktiv zuzurechnen, als es ihm vermittels der gebotenen besonderen Bemühungen möglich wäre, eine gleichwertige, ersatzweise auch eine zumutbare geringerwertige Erwerbsquelle wieder zu erlangen.

II. Weitere Abzüge

1. Notwendige berufsbedingte Aufwendungen nur, soweit sie konkret nachgewiesen sind. Eine Pauschale wird nicht gewährt.

2. Für Fahrten zum Arbeitsplatz werden die Kosten einer Pkw-Benutzung mit einer Kilometerpauschale von 0.50 DM berücksichtigt.
a) Überschreiten die Fahrtkosten 15% des sich nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben ergebenden Einkommens, muß dargelegt werden, weshalb die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zumutbar ist.

b) Neben der Kilometerpauschale können Finanzierungskosten für die Anschaffung des Pkw regelmäßig nicht angesetzt werden.

3.a) Angemessene Tilgungsraten auf Schulden, die auf das eheliche Zusammenleben zurückzuführen sind oder die durch die Auflösung der Ehe unabweisbar entstanden sind, werden in der Regel einkommensmindernd berücksichtigt. Unverhältnismäßig hohe Kosten für die Ehewohnung (auch Einfamilienhaus) sind nur für eine übergangszeit nach der Trennung abzusetzen.

b) Soweit der Mindestbedarf der Unterhaltsberechtigten, insbesondere minderjähriger Kinder, nicht gewahrt ist, hat der Schuldendienst soweit als möglich und zumutbar zurückzustehen, damit nicht auf Kosten von Sozialhilfemitteln Schulden getilgt werden.

Im Einzelfall sind in eine umfassende Interessenabwägung unter Billigkeitsgrundsätzen die Belange der Unterhaltsberechtigten, des Unterhaltsschuldners (insbesondere sein Interesse an der Verhinderung einer wachsenden Verschuldung) wie auch der Fremdgläubiger einzubeziehen.
c) Sind einkommensmindernd anzusehende Schulden bereits Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung über einen Gesamtschuldnerausgleich nach §426 BGB, sind sie für die Unterhaltsbemessung nicht zu berücksichtigen.

4. a) Steuerrechtliche Abzüge von Einkünften sind nur insoweit unterhaltsrechtlich beachtlich, als ihnen Ausgaben gegenüberstehen.

b)Der Abschreibung nach § 7b EStG a.F. und § 10e EStG n.F. stehen regelmäßig erhöhte Wohnkosten gegenüber. Deshalb hat der Steuervorteil dann und soweit dem Unterhaltspflichtigen zu verbleiben.

III. Sonderfälle

1. a) Bei Selbständigen (insbesondere Unternehmer, freiberuflich Tätige) wird das Einkommen nach Wirtschaftsjahren ermittelt. Steuerbelastungen werden grundsätzlich nur in dem tatsächlich entrichteten Umfang abgezogen, und zwar unabhängig davon, für welches Veranlagungsjahr sie angefallen sind. Für die Bemessung von Unterhalt ist für das Durchschnittseinkommen von drei Wirtschaftsjahren abzustellen, wobei dieser Zeitraum von dem letzten Jahr an zurückgerechnet wird, für welches ausreichende Einkommensunterlagen vorliegen.

b) Abschreibungen auf betriebliche Wirtschaftsgüter (Absetzung für Abnutzung: Afa) stehen in der Regel entsprechende Ausgaben für Betriebsmittel gegenüber: sie sind deshalb grundsätzlich gewinnmindernd abzusetzen. Soweit die zulässigen steuerlichen Absetzungsbeträge erheblich über das tatsächliche Ausmaß der Wertminderung hinausgehen (etwa bei Gebäuden), können sie in diesem Umfang unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden.

c) Für das Einkommen eines Selbständigen ist grundsätzlich sein Gewinn maßgebend. Ausnahmsweise kann auf seine Privatentnahmen abgestellt werden, soweit sie Ausdruck seines bisherigen Lebensstandards sind.

2. Das Wohnen im eigenen Haus kann zu einer Ersparnis von Kosten der allgemeinen Lebenshaltung führen. Dies ist dann der Fall, wen die tatsächlichen Wohnkosten ( ohne die laufenden Verbrauchsabgaben) den sonst erforderlichen angemessenen Wohnkostenaufwand deutlich unterschreiten. Der Unterschiedsbetrag wird dem Einkommen hinzugerechnet (Vorteile eines - teilweise - "mietfreien" Wohnens).
Bei gebotener anderweitiger Verwertung des Hauses: vgl. § 1577 III und § 1581 S. 2 BGB.

3. Soweit für die Betreuung von minderjährigen Kindern einem Ehegatten ein Teil der Ausbildungsvergütung gutgebracht wird (vgl. auch B 6b), gehört dieser Betrag ebenfalls zum Einkommen.

4. Auswirkung des Zugewinnausgleichs

Nutzungen aus derart erlangtem Vermögen gehören zu den Einkünften des unterhaltsberechtigten Ehegatten. Verbindlichkeiten zwecks Durchführung des Zugewinnausgleichs bleiben in der Regel unberücksichtigt.

B. Kindesunterhalt

1. Der Unterhaltsbedarf eines Kindes wird der Düsseldorfer Tabelle [FamRZ 2001, 806] entnommen. Deren Stand vom 1. 7. 2001 legt die im Text vorangestellte Tabelle zugrunde; sie ist ergänzt um die Bedarfsbeträge eines volljährigen, im Haushalt eines Elternteiles wohnenden Kindes.

2.a) Die Bedarfsbeträge sind auf dem gegenüber einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhaltspflichtigen abgestellt. Bei einer geringeren oder größeren Zahl von Unterhaltsberechtigten ist in der Regel um eine Stufe herauf- oder herabzustufen.

b) In den oberen Gruppen kann im Einzelfall insbesondere aus kindgerechten Gründen eine Bedarfsbegrenzung angezeigt sein.

c) Krankenversicherungskosten sind in den Bedarfsbeträgen nicht enthalten.

3. Erreicht das dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug aller Unterhaltslasten verbleibende Einkommen nicht den für die Tabellengruppe ausgewiesenen Bedarfskontrollbetrag, so kann so weit herabgestuft werden, daß dem Unterhaltsschuldner der entsprechende Kontrollbetrag verbleibt.

4. Die Bedarfsbeträge minderjähriger Kinder werden durch Kindergeldzahlungen wie folgt beeinflußt:

a) Das auf das jeweilige Kind entfallende Kindergeld ist nach § 1612b I BGB grundsätzlich zur Hälfte auf den Tabellenbetrag anzurechnen. Die Anrechnung des Kindergeldes unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135% des Regelbetrages zu leisten, soweit das Kind also nicht wenigstens den Richtsatz der 6. Einkommensgruppe abzüglich des hälftigen Kindergeldes erhält.

Das bis zur Einkommensgruppe 6 anzurechnende Kindergeld kann nach folgender Formel berechnet werden: Anrechnungsbetrag = 1/2 des Kindergeldes + Richtsatz der jeweiligen Einkommensgruppe - Richtsatz der 6. Einkommensgruppe (135% des Regelbetrages).

b) Wird Kindergeld für mehrere Kindern derselben Eltern gezahlt, wird hinsichtlich des anzurechnenden Betrages verwiesen auf § 1612b I BGB. Bei einem Negativsaldo entfällt die Anrechnung. Die Einzelheiten ergeben sich aus der Anlage zu dieser Tabelle.

c) Hinsichtlich des Zählkindgeldvorteiles für gemeinsame Kinder wird verwiesen auf § 1612b I BGB. Beruht ein Zählkindervorteil darauf, daß der betreffende Elternteil ihn für nicht gemeinsame Kinder erhält, bleibt er im Rahmen des Kindergeldausgleichs unberücksichtigt, §1612b IV BGB.

5. Für den Unterhalt volljähriger Kinder gilt folgendes:

a) Lebt das volljährige Kind im Haushalt eines Elternteils, so ist sein Bedarf grundsätzlich der Unterhaltstabelle zu entnehmen.

b) Lebt das Kind nicht mehr im Haushalt eines Elternteils, ist zu unterscheiden:

- Der Unterhaltsbedarf eines Studierenden beträgt in der Regel 1.175 DM (ab 1.7.2001). Für die Vorjahre wird auf die von der Düsseldorfer Tabelle aufgeführten Beträge verwiesen. Krankenversicherungskosten sind hierin nicht enthalten.
- Für andere Kinder kann bei eigenem Haushalt derselbe Betrag zugrundegelegt werden; dann entfallen der Freibetrag (s.u. 6a) und andere Absetzungen für berufsbedingte Aufwendungen.

c) Auf den Bedarf volljähriger Kinder werden sämtliche anrechenbare Einkünfte (auch BAföG-Darlehen) voll angerechnet.

6.a) Bei Auszubildenen wird die Ausbildungsvergütung auf den Bedarf nach Abzug eines Pauschalbetrages von 160 DM angerechnet. Diese Pauschale deckt in der Regel den allgemeinen und ausbildungsbedingten Mehrbedarf des Kindes ab mit Ausnahme der Fahrtkosten.

b) Eigenes Einkommen des minderjährigen Kindes wird auf den Barunterhaltsanspruch des Kindes mit Rücksicht auf die Betreuungslast des anderen Elternteils in der Regel zur Hälfte angerechnet.

c) Arbeitseinkünfte geringen Umfangs (z.B. Ferienjob) oder aus unterhaltsrechtlich nicht gebotener Tätigkeit bleiben unberücksichtigt.

7. Wenn beide Eltern über Einkommen verfügen, gilt folgendes:

a) Der Bedarf minderjähriger Kinder wird in dem Verhältnis zu dem Elternteil, der den Barunterhalt zu leisten hat, in der Regel allein nach seinem Einkommen ermittelt. Ausnahmsweise kann der betreuende Elternteil zur Barunterhaltszahlung entlastend herangezogen werden, wenn sein Einkommen das des anderen Elternteils wesentlich übersteigt. Die Entlastung wird dann nach den Umständen des Einzelfalls bemessen.

b) Ber Bedarf volljähriger Kinder ergibt sich, soweit dafür die Tabelle maßgeblich ist (s. o . 5c), grundsätzlich nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern, jedoch ist wegen doppelter Haushaltsführung in der Regel um eine Stufe herabzustufen.

Den offenen Bedarf (s. o. 5c) haben die Eltern anteilig zu befriedigen, und zwar grundsätzlich im Verhältnis ihrer Einkommen zueinander. Dabei werden nur die Einkommensteile zueinander ins Verhältnis gesetzt, die jeweils über dem grossen Selbstbehalt liegen, und zwar nach Abzug vorrangiger Unterhaltspflichten. Wegen der Anrechnung des Kindergeldes bzw. des Kindergeldausgleiches wird verwiesen auf § 1612b BGB.

C. Ehegattenunterhalt

1. Bedarf es nach dem neuen Recht (ab 1.7.1977) berechtigten Ehegatten ohne gemeinsamen unterhaltsberechtigte Kinder:

a) Der Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten bestimmt sich zu 3/7 des Arbeitseinkommens des Unterhaltsverpflichteten, falls der Unterhaltsberechtigte kein eigenes Arbeitseinkommen erzielt, oder zu 3/7 des Unterschiedsbetrages der Arbeitseinkommen des Verpflichteten und des Berechtigten (Differenzmethode).

b) Für sonstige Einkommen (Renten usw.) tritt an die Stelle der 3/7-Quote grundsätzlich Halbteilung, falls nicht eine Herabsetzung dieser hälftigen Beteiligung durch besondere Gründe gerechtfertigt erscheint.

c) Die sogenannte Anrechnungsmethode kommt nach der Entscheidung des BGH zu dieser Frage in dem Urteil v. 13.6.2001 (- XII ZR 343/99 -, FamRZ 2001, 986) praktisch bis auf Einzelfälle nicht mehr zur Anwendung.

d) Trennungsbedingter Mehrbedarf ist hinzuzurechnen, sofern er konkret dargelegt ist. Zulässig ist es, zur Feststellung der behaupteten Mehrkosten - denen gerade unter beengten wirtschaftlichen Verhältnissen besondere Bedeutung zukommt - von der Möglichkeit der Schätzung ihres Umfanges großzügig Gebrauch zu machen ( $ 287 ZPO); auf die konkrete Darlegung entsprechender tatsächlicher Voraussetzungen kann nicht verzichtet werden (BGH, NJW 1995, 963 = FamRZ 1995, 346 ff.).

e) Der rechnerische Anspruch wird begrenzt durch den vollen Unterhalt, gemessen an den ehelichen Lebensverhältnissen ( $ 1578 I BGB). Bei höheren Einkommen bleiben Teile, die regelmäßig und in angemessenen Umfang zur Vermögensbildung verwandelt worden sind, grundsätzlich unberücksichtigt. (Dieser Passus fehlt offensichtlich in dem Abdruck in FamRZ 2001, 1356, 1358 rechte Spalte und war in den Leitlinien 1.7.1999 noch enthalten)

f) Die 3/7- Quotierung gilt für Unterhaltszeiträume ab 1.1.1989.

2. Bedarf des nach früherem Recht berechtigten Ehegatten ohne gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder:
- nach § 58 EheG wie zu 1;
- nach § 60 EheG die Hälfte des Betrages zu 1.

3. Sind Kinder zu unterhalten, die die ehelichen Lebensverhältnisse mit geprägt haben, so ist vom Einkommen der Ehegatten der von ihnen jeweils zu erbringende Kindesunterhalt vorweg abzusetzen.

a) Soweit Barunterhaltspflichten erfüllt werden, wird der jeweilige Tabellenbetrag (ohne Kürzung um das hälftige Kindergeld) abgezogen. Liegen die tatsächlichen Zahlungen unter dem an sich geschuldeten Unterhalt, so wird nur ihr Betrag unter Hinzurechnung des hälftigen Kindergeldes abgezogen.

b) Betreut ein erwerbstätiger Ehegatte ein minderjähriges Kind , so wird sein Einkommen um die Kosten gekürzt, die er zur Ermöglichung seiner Erwerbstätigkeit für das Kind aufwenden muß. Auch kann sein Einkommen im Einzelfall um einen angemessenen Betrag für die von ihm geleistete Betreuung gemindert werden.

4. Die Ersparnis durch eine Haushaltsgemeinschaft kann nach den Umständen des Einzelfalles bedarfsmindernd berücksichtigt werden.

5. Eheähnliche Verhältnisse sind mit Ausnahme der Fälle des § 1579 BGB unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung zu beurteilen. Die Haushaltsführung für einen neuen Partner ist grundsätzlich nicht als Arbeitsverhältnis zu bewerten. Sie hat auch keinen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen. Deshalb ist in Regel die Anrechnungsmethode anzuwenden. Somit sind
- die bedarfsmindernden Vorteile in dieser Gemeinschaft (einschließlich eines tatsächlichen oder fiktiven Entgelts für die Haushaltsführung; § 850h ZPO) nach den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen des Partners zu schätzen und
-unmittelbar von dem Unterhaltsanspruch abzusetzen.

6. Vorsorgeunterhalt

a) Vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen sind - wie die eigenen Kosten für angemessene Krankheits- und Altersvorsorge - grundsätzlich auch die des Berechtigten vorweg abzusetzen.

b) Soweit nicht der notwendige laufende Unterhalt gedeckt ist, hat der Elementarunterhalt Vorrang vor der Altersvorsorge.

c) Die Kosten für die angemessen Vorsorge für Alter, Erwerbs- und Berufsunfähigkeit errechnen sich in folgenden Stufen:
(1) Der "an sich" geschuldete Elementarunterhalt (s. oben C1) wir mit Hilfe der sog. Bremer Tabelle auf ein fiktives Bruttoeinkommen hochgerechnet.
(2) Danach bemessen sich unter Anwendung des Beitragssatzes, der jeweils für die gesetzliche Rentenversicherung gilt, die Vorsorgekosten.
(3) Sie werden von den Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorweg abgesetzt. Danach wird der Elementarunterhalt endgültig festgesetzt.

D. Leistungsfähigkeit

1. Ausgangspunkt ist das anrechenbare Einkommen (vgl. A),

2. Gegenüber Ehegatten und volljährigen Kindern ist dem Unterhaltspflichtigen der sog. große Selbstbehalt gem. § 1603I, § 1581 S.1 BGB zu belassen. Gegenüber minderjährigen Kindern gilt der sog. kleine Selbstbehalt gem. § 1603 II BGB.

Selbstbehaltssätze (seit 1989):
  großer Selbstbehalt kleiner Selbstbehalt
ab 1989 1300 DM 1100 DM
ab 1.7. 1992 1500 DM 1300 DM
ab 1.1. 1996 1600 DM 1400 DM
ab 1.7. 2001 1800 DM 1600 DM
 
3. Mangelfall: Reicht unter Wahrung des großen Selbstbehalts das Einkommen zur Deckung des Bedarfs der gleichrangig berechtigten Unterhaltsgläubiger (Ehegatten und minderjährige Kinder) nicht aus (Mangelfall), so sind deren Bedarfsbeträge zu kürzen; das Kindergeld ist nach Billigkeit anzurechnen, BGH, FamRZ 1997, 806ff.

a) Von dem anrechenbaren Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist zunächst der große Selbstbehalt abzuziehen; es ergibt sich der verteilungsfähige Restbetrag.

b) Der Einsatzbetrag minderjähriger Kinder bemißt sich - wie im Regelfall unter Berücksichtigung des Bedarfskontrollbetrages - nach den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle: konkret dargelegter Mehrbedarf ist hinzuzurechnen.

c) Im Verhältnis der Bedarfssätze wird der verteilungsfähige Restbetrag auf die Unterhaltsberechtigten verteilt.
Soweit danach der Tabellenbetrag von 135% minderjähriger Kinder nach Gr. 1 der Düsseldorfer Tabelle nicht voll gedeckt ist, ist er aus der Differenz zwischen dem großen und kleinen Selbstbehalt aufzufüllen. Bei mehreren Kindern geschieht dies nach Kopfteilen oder - bei erheblichen Unterschieden im Fehlbedarf - dementsprechend in quotaler Aufteilung.

d) Beispiel (der berechtigte Ehegatte hat kein eigenes Einkommen, erhält jedoch das Kindergeld; weiter sind zu berücksichtigen zwei Kinder der ersten und zweiten Altersstufe):
Stufe 1: Anrechenbares Einkommen des Unterhaltspflichtigen3000 DM
./. großer Selbstbehalt1800 DM
verteilungsfähiger Restbetrag1200 DM
Stufe 2: Gesamtbedarf der Berechtigten:
Kind 1: DT Eink. Gr. 1 wg. des Bedarfskontrollbetr.366 DM
Kind 2: DT Eink. Gr. 1 wg. des Bedarfskontrollbetr.444 DM
Ehefrau: 3/7 des sich gemäß C 1 und C 3 ergebenden Unterhaltsbetrages
(3.000 DM - 366 DM - 444 DM)x 3/7 =
 
 
939 DM
zuzüglich konkret dargelegter trennungsbedingter Mehrbedarf (z. B. Mietkosten) 
 
   300 DM
Zusammen1.239 DM
Gesamtbedarf aller Unterhaltsberechtigten:2.049 DM
Stufe 3: Kürzungsquote 1.200 DM : 2.049 DM = 58,57 %
Stufe 4: Unterhaltsansprüche:
Kind 1: 366 DM x 58,57 %215 DM
zzgl. ist aus der Diff. der SB ist aufzufüllen
bis 495 DM = 135% Gr.1 - 135 DM
 
360 DM
100 DM
zu zahlen sind 215 DM+ 100 DM = 315 DM
Kind 2: 444 DM x 58,57 %260 DM
zzgl. ist aus der Diff. der SB ist aufzufüllen
bis 600 DM = 135% Gr.1 - 135 DM
 
465 DM
100 DM
zu zahlen sind 260 DM + 100 DM = 360 DM
Ehegatte: 1.239 DM x 58,57 %725 DM
Stufe 5: Kindergeldanrechnung
Eine Kindergeldanrechnung findet im vorliegenden Fall nicht statt, weil 135% des Regelbetrages nicht erreicht werden., § 1612b V BGB

E. Konkurrenzen

Erfüllt bei zwei unterhaltsberechtigten Ehegatten der frühere Ehegatte die Voraussetzungen des § 1582 BGB für den Vorrang, gilt dies ohne Einschränkung, d.h. der geschiedene Ehegatte geht dem jetzigen Ehegatten in der Regel mit dem vollen Bedarf vor.
In diesem Falle ist sein Unterhaltsanspruch in der Regel nach § 1579 I Nr. 7 BGB zu kürzen, soweit er an dem steuerlichen Splittingvorteil des Unterhaltsverpflichteten teilhaben würde und der Unterhaltsverpflichtete den Betrag der Steuerersparnis für den Unterhalt des neuen Ehegatten benötigt.

F. Verwandtenunterhalt und Unterhalt nach § 1615 l BGB

1. Der angemessene Selbstbehalt gegenüber den Eltern sollte deutlich über dem großen Selbstbehalt (z.Zt. 1800 DM liegen. Die genaue Festlegung muß der Entscheidung im Einzelfall überlasssen bleiben unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten. Gesetzliche Unterhaltspflichten des Unterhaltsschuldners sind angemessen zu berücksichtigen.

2. Der Bedarf der Mutter und des Vaters des nichtehelichen Kindes (1615l I, II, V BGB) richtet sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils.

Der angemessene Selbstbehalt gegenüber der Mutter und dem Vater eines nichtehelichen Kindes (§§1615l III S. 1, V, 1603 I BGB) kann über dem großen Selbstbehalt (z. Zt. 1800 DM) liegen. Die Festlegung muß der Entscheidung im Einzelfall überlassen bleiben unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse aller Beteiligten. Gesetzliche Unterhaltspflichten des Unterhaltsschuldners sind angemessen zu berücksichtigen.
Anlage zu Teil B Ziffer 4a der Tabelle (Deutsche Mark), Stand: 1. 7. 2001

Kindergeldanrechnung nach § 1612b V BGB
 
Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 1. und 2. Kind von je 135 DM

Einkommensgruppe

1. Altersstufe

2. Altersstufe

3. Altersstufe

1 = 100%

366 - 6 = 360

444 - 0 = 444

525 - 0 = 525

2 = 107 %

392 - 32 = 360

476 - 11 = 465

562 - 0 = 562

3 = 114%

418 - 58 = 360

507 - 42 = 465

599 - 25 = 574

4 = 121 %

443 - 83 = 360

538 - 73 = 465

636 - 62 = 574

5 = 128 %

469 - 109 = 360

569 - 104 = 465

672 - 98 = 574

6 = 135 %

495 - 135 = 360

600 - 135 = 465

709 - 135 = 574

 
Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 3. Kind von 150 DM

Einkommensgruppe

1. Altersstufe

2. Altersstufe

3. Altersstufe

1 = 100 %

366 - 21 = 345

444 - 0 = 444

525 - 0 = 525

2 = 107 %

392 - 47 = 345

476 - 26 = 450

562 - 3 = 559

3 = 114 %

418 - 73 = 345

507 - 57 = 450

599 - 40 = 559

4 = 121 %

443 - 98 = 345

538 - 88 = 450

636 - 77 = 559

5 = 128 %

469 - 124 = 345

569 - 119 = 450

672 - 113 = 559

6 = 135 %

495 - 135 = 345

600 - 150 = 450

709 - 150 = 559

 
Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 4. Kind und jedes weitere Kind von je 175 DM

Einkommensgruppe

1. Altersstufe

2. Altersstufe

3. Altersstufe

1 = 100 %

366 - 46 = 320

444 - 19 = 425

525 - 0 = 525

2 = 107 %

392 - 72 = 320

476 - 51 = 425

562 - 28 = 534

3 = 114 %

418 - 98 = 320

507 - 82 = 425

599 - 65 = 534

4 = 121 %

443 - 123 = 320

538 - 113 = 425

636 - 102 = 534

5 = 128 %

469 - 149 = 320

569 - 144 = 425

672 - 138 = 534

6 = 135 %

495 - 175 = 320

600- 175 = 425

709- 175 = 534

Das anzurechnende Kindergeld kann auch nach folgender Formel berechnet werden:

Anrechnungsbetrag = 1/2 des Kindergeldes + Richtsatz der jeweiligen Einkommensgruppe ./. Richtsatz der 6. Einkommensgruppe (135 %) des Regelbetrages. Bei einem Negativsaldo entfällt die Anrechnung.

Ab Einkommensgruppe 6 wird das Kindergeld zur Hälfte auf den sich aus der Tabelle ergebenden Unterhalt angerechnet (§ 1612b I BGB)
(Mitgeteilt von Richter am OLG Th. Geng, Schleswig).
Alle Angaben ohne Gewähr.
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