Mangelfallberechnung bis 21.1.2003


Reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht aus, sowohl den Unterhaltsbedarf aller Berechtigten als auch den eigenen notwendigen Selbstbehalt zu decken, ist eine Mangelfallberechnung vorzunehmen. Bis zur Änderung der BGH-Rechtsprechung zum absoluten Mangelfall durch Urteil vom 22.1.2003 (FF 2003, S. 54) war insbesondere zu beachten:

  • Der Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist nicht mit einem Mindestbedarf anzusetzen, sondern nach den ehelichen Lebensverhältnissen konkret zu ermitteln;
  • Der Kindesunterhalt ist nach den Sätzen der DüsseldorferTabelle zu bemessen. Der Tabellenbetrag ist nicht um das hälftige Kindergeld zu kürzen.
  • Das Kindergeld wird nicht dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Verpflichteten hinzugezählt, sondern unterliegt nur dem familienrechtlichen Ausgleichsanspruch zwischen den Eltern, da es nicht den Unterhalt des Kindes erhöht, sondern die Unterhaltslast der Eltern erleichtern soll. Seine gegenteilige Ansicht hat der BGH mit Urteil vom 16.4.1997 aufgegeben (vergl. BGH FamRZ 1997, 806 ff.).
Die Berechnung erfolgt in mehreren Stufen.

1. Stufe: Ermittlung des Unterhaltsbedarfs (= Einsatzbetrag)

für Kindesunterhalt:
Nettoeinkommen des Verpflichteten
abzgl. berufsbedingte Aufwendungen
abzgl. sonstige eheprägenden Verbindlichkeiten
unterhaltsrechtlich relevantes Nettoeink.
hieraus Bedarf nach Tabelle = Einsatzbetrag

für Ehegattenunterhalt:
Nettoeinkommen des Verpflichteten
abzgl. berufsbedingte Aufwendungen
abzgl. sonstige eheprägenden Verbindlichkeiten
abzgl.Tabellenunterhalt des/der Kind/er
bereinigtes Nettoeinkommen
abzgl. Erwerbstätigenbonus
davon sodann nach dem Halbteilungsgrundsatz 50% =
vorläufiger Ehegattenunterhalt=Einsatzbetrag
(Sofern der unterhaltsberechtigte Ehegatte über eigene Einkünfte verfügt, sind diese gegebenenfalls nach der Anrechnungs- bzw.
Differenzmethode zu berücksichtigen.)

2.Stufe: Berechnung des verteilungsfähigen Einkommens (=Verteilungsmasse)

Nettoeinkommen
abzgl. berufsbedingte Aufwendungen
abzgl. eheprägende Verbindlichkeiten
bereinigtes Nettoeinkommen
abzgl. notwendiger Selbstbehalt
Verteilungsmasse

Achtung: Nach den Richtlinien einiger Oberlandesgerichte kommt in Abweichung von Abschn. C der Düsseldorfer Tabelle ein unterschiedlicher Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern und Ehegatten in Betracht (vgl. BGH, NJW 1992, 1621 = FamRZ 1992, 539). In diesem Fall ist zunächst der höhere Wert anzusetzen und die Verteilung zwischen Kindern und Ehegatten vorzunehmen. Anschließend wird die Differenz zwischen den beiden Selbstbehaltsbeträgen unter den Kindern verteilt.)

3. Stufe: Quotenberechnung

Einsatzbetrag Gläubiger x Verteilungsmasse
Summe der Einsatzbeträge

4. Stufe: Billigkeitsprüfung
Das Ergebnis ist darauf zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall die Aufteilung des verfügbaren Einkommens auf die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigte Ehefrau - auch im Hinblick auf dieser eventuell anzurechnende Einkünfte - insgesamt billig und angemessen ist.
Am Kindergeld nimmt der Unterhaltspflichtige nur teil, soweit er den Mindestbedarf deckt.